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TACITI AGRICOLA.

non petissem incusaturus tam saeva et infesta virtutibus tempora.

2 Legimus, cum Aruleno Rustico Paetus Thrasea, Herennio Senecioni Priscus Helvidius laudati essent, capitale fuisse. Neque in ipsos modo auctores, sed in libros quoque eorum saevitum, delegato triumviris ministerio, ut monumenta


auftreten können, wie er es nach Epp. IX, 13 gethan hat? Und wenn darauf, dass Tacitus im Agricola die Mässigung mit Nachdruck lobt, für den besondern Zweck dieser Schrift Gewicht gelegt wird, so ist hiergegen zu bemerken, dass auch in den übrigen Schriften des Tacitus dieselbe Mässigung überall bei jeder sich darbietenden Gelegenheit als die einzig angemessene Richtschnur für das politische Verhalten in der Kaiserzeit anerkannt wird.)

c. 2 enthält zur Begründung des Schlusssatzes von c. 1 eine ausführlichere Schilderung des Druckes, der unter Domitian auf dem geistigen Leben überhaupt und insbesondere auf der schriftstellerischen Thätigkeit lastete.

1. Legimus. Es ist auffallend, dass Tacitus von Vorgängen, die sich erst kürzlich ereignet hatten und in Jedermanns Kenntniss waren, nicht sagt : „wir wissen“, oder „es ist bekannt“, sondern „wir lesen“ oder „wir haben gelesen“. Indessen erklärt sich der Ausdruck wenigstens einigermassen dadurch, dass nach Cass. Dio LXVII, 11 Domitian erst allmählich dahin gelangte, die Veröffentlichung der Hinrichtungen in den Acta diurna zu verbieten, wenn wir nämlich annehmen, dass dies hinsichtlich der Hinrichtung des Arulenus Rusticus und des Herennius Senecio noch nicht geschehen war. Dann konnte Tacitus es als einen Beweis der Unbezweifelbarkeit dieser Hinrichtungen hervorheben, dass diese in den Acta diurna (einer Art Staatszeitung) noch zu lesen seien; auch konnte er eben dadurch den Eindruck der Sache auf den Leser noch mehr verstärken wollen. Von dieser Erklärung ausgehend werden wir übrigens Legimus passender für das Präsens als für das Perfectum halten.


Thrasea Paetus, Helvidius Priscus, Arulenus Rusticus, Herennius Senecio sind die Namen von vier ausgezeichneten Männern dieser und der nächst vorhergehenden Generation, von denen der erste unter Nero (66), der zweite unter Vespasian (wahrsch. 74), die beiden übrigen aus dem im Text angeführten Grunde unter Domitian (93 oder 94) der Grausamkeit der Kaiser zum Opfer fielen, hauptsächlich weil sie als Anhänger der stoischen Philosophie und als Männer von edler, unabhängiger Gesinnung trotz ihrer Vorsicht und Zurückhaltung das Misstrauen der Kaiser erregten. S. meine Gesch. Roms, Bd. 3. S. 323. 468 u. 499.

Aruleno Rustico .... Herennio Senecioni der Dativ beim Passivum statt a mit dem Ablativ; so schon bei Cicero, jedoch nur beim Participium und einer mit diesem zusammengesetzten Tempusform, dann bei den Dichtern des Augusteischen Zeitalters und den späteren Prosaikern, besonders häufig bei Tacitus.

2. capitale fuisse, Gewöhnlich dient bei capitale (näml. facinus, also Todesverbrechen) est oder, wie früher in der Regel gesagt wurde, capital est ein Infinitiv als Subject, wie z. B. Liv. XXIV, 37: praesidio decedere apud Romanos capital esse; hier ist es der ganze Satz: cum – laudati essent.

3. auctores ganz allgemein für scriptores, ohne den Nebenbegriff einer zu leistenden Gewähr, ist späterer Sprachgebrauch.

4. delegato .... ministerio nicht: „nachdem übertragen worden war“ sondern: „indem übertragen wurde“, so dass also durch das Part. perf. pass. nicht ein vorhergehender, sondern ein begleitender Umstand angegeben wird. So in demselben Cap. expulsis insuper sapientiae