obtrectationi fuit: adeo virtutes iisdem temporibus optime aestimantur, quibus facillime gignuntur. At nunc narraturo mihi vitam defuncti hominis venia opus fuit; quam
nicht erreicht hätte. Vgl. c. 10: citra Caledoniam; c. 35: citra Romanum sanguinem, Ann. XII, 22: vis Agrippinae citra ultima stetit. Vgl. extra, c. 8 extr.
13. nunc hier in der weiteren Bedeutung „in der Jetztzeit“ mit der besonderen Beziehung auf die dem Verfasser in den beiden ersten Capiteln durchweg vorschwebende Regierungszeit des Domitian. Diese weitere Bedeutung ergiebt sich von selbst daraus, dass in eben diesen Capiteln der allgemeine Gegensatz zwischen der alten und neuen Zeit den Inhalt bildet; wenn nachher c. 3, wo der Verf. die Zeit des Nerva und Trajan der des Domitian entgegenstellt, nunc in engerer Bedeutung gebraucht wird, so ist dies allerdings vielleicht eine kleine stilistische Nachlässigkeit, die aber dadurch entschuldigt wird, dass der verschiedene Zusammenhang jedes Missverständniss unmöglich macht. 14. defuncti hominis ist hinzugefügt, um den Abstand der Jetztzeit, wo man nicht einmal das Leben eines (anderen und) verstorbenen Menschen, ohne einer Entschuldigung oder Verzeihung zu bedürfen, schreiben konnte, von der guten alten Zeit, wo man sogar sein eigenes Leben ohne allen Anstand schreiben konnte, desto fühlbarer zu machen. opus fuit „es wäre nöthig gewesen“, der bekannte Indicativ bei den Ausdrücken des Könnens, Sollens und Müssens, s. Ellendt-Seyffert §. 247, 1. Die Beziehung auf die Gegenwart unter Nerva und Trajan ist, abgesehen davon, dass sie durch fuit ausgeschlossen ist, deswegen völlig unzulässig, weil in den beiden ersten Capiteln überall nur von der Zeit des Domitian die Rede ist und dieser erst c. 3 die Zeit des Nerva und Trajan mit dem möglichsten Nachdruck entgegengesetzt wird. (Eben deshalb ist auch der Versuch, die Schwie- |
rigkeit der Stelle durch Aenderung von fuit in fuerit zu heben, fruchtlos. Uebrigens würde hierdurch wie durch jedes andere versuchte Mittel, das opus fuit auf die Gegenwart unter Nerva und Trajan zu beziehen, die Schwierigkeit der Stelle keineswegs völlig gehoben sein, da in diesem Falle es nachher nicht petissem, sondern peterem heissen müsste.)
quam non petissem incusaturus .... d. h. die ich (freilich) nicht verlangt haben würde, da ich in dem Falle war anzuklagen u. s. w. Das incusaturus durch „wenn ich hätte anklagen wollen“ zu erklären, ist schon deswegen nicht zulässig, weil in der That fast die ganze Schrift explicite oder implicite eine Anklage des Domitian ist. Man erklärt nämlich die janze Stelle meist so: „Jetzt bedarf ich der Verzeihung, um die ich nicht gebeten haben würde, wenn ich hätte anklagen wollen“. (Um der Beziehung von incusaturus auf Domitian zu entgehen, hat man vorgeschlagen, nach incusaturus durch ein Punkt den Satz abzuschliessen und hat dann entweder ein allgemeines Object in dem Sinne: „wenn ich überhaupt anklagen wollte“ oder auch den Agricola selbst als Object angenommen. In dem letzteren Falle ist vorausgesetzt [wor-] worden, dass unter Nerva sich die Angriffe hauptsächlich gegen die gemässigten Männer, wie Agricola und Tacitus selbst, gerichtet hätten, und dass demnach die Schrift des Tacitus überhaupt als eine Apologie dieser gemässigten Männer in Person des Agricola anzusehen sei. Allein diese Voraussetzung ist durch nichts begründet. Wie hätte sonst der jüngere Plinius, der im Wesentlichen in demselben Falle war, wie Agricola und Tacitus, der demnach ebenfalls befürchten musste, selbst angegriffen zu werden, als Ankläger gegen die servilen Werkzeuge des Domitian |