Pagina:Gesta Romanorum - Oesterley 1872.djvu/275

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alter abzusprechen, da er nichts mit Holkot gemeinsam enthält, was er nicht aus älteren quellen hätte schöpfen können. Dasselbe ist der fall bei anderen repräsentanten der zweiten familie, von denen noch mehrere aus dem 14. jahrhundert erhalten sind (XXIV, XXVII und deren nächste abschriften oder übersetzungen).

Bei der verschiedenartigkeit der handschriften schon aus der ältest erreichbaren zeit — von jeder familie ist uns mindestens ein codex aus der mitte des 14. jahrhunderts erhalten — und bei dem mangel jedes nur irgend haltbaren grundes dagegen, kann ich mich der überzeugung nicht erwehren, daſs die abfaſsungszeit der Gesta bedeutend früher fällt, als bis jetzt angenommen wurde. Die spaltung der ältesten handschriften in drei, nach inhalt, darstellungsweise und anordnung ganz wesentlich verschiedene familien weist mit sicherheit darauf hin, daſs zwischen der abfaſsungszeit des ersten originals und dieser mannigfaltigen entwicklung ein längerer zeitraum liegt, als einige jahre oder selbst einige jahrzehnde; ja wenn man die spätere gestaltung des werks als analogie zu grunde legen darf, so scheint es nicht zu weit gegriffen zu sein, wenn man die entstehungszeit der Gesta gegen das ende des 13. oder spätestens in den anfang des 14. jahrhunderts setzt. Daſs aus jener periode handschriften nicht mehr vorhanden sind, kann nicht auffallen, anfangs existirten eben wenige handschriften, und diese wenigen sind im laufe der jahrhunderte zu grunde gegangen wie tausend andere und wichtigere manuscripte. Aber jeden augenblick noch können ältere codices als die bis jetzt bekannten auftauchen, sei es nun, daſs sie wirklich gefunden werden, oder daſs ein altes handschriften verzeichnis sichere kunde von einer Historia Romanorum mystice designata giebt.

So hat ein selten glücklicher zufall mir noch unmittelbar vor dem abschluſse meiner arbeit eine handschrift in die hände gespielt, welche, im jahre 1326 geschrieben, meine darlegungen in jeder beziehung stützt, wenn sie auch nicht mit voller bestimmtheit als eine besondere recension der Gesta hingestellt werden darf. Sie ist in dem Wolfenbütteler cod. Gud. 200, quart, bl. 176 — 185 enthalten. Ihre überschrift lautet: Incipit tractatus de diversis hystoriis Romanorum et quibusdam aliis. Die einzelnen stücke weichen in bestand und faſsung bedeutend von unseren Gesta ab, sind auch nur ausnahmsweise so eingehend moralisirt wie diese, während die moralisationen vielfach ganz fehlen, häufig aber in der kurzen weise des Odo von Cerington gegeben sind, dessen fabeln in dem Wolfenbütteler codex unmittelbar unserm werke folgen. Die überschriften der einzelnen capitel